Alles so schön bunt hier. Vor allem Gelb dreht im Herbst nochmal so richtig am Regler: Sonnenblumen, Topinambur, Kapuzinerkresse.

Das menschliche Auge bzw. das Gehirn freut sich an Farben: es findet blau beruhigend, gelb an- und rot erregend. Auch beim Essen: eine sattrote Erdbeermarmelade schmeckt besser als eine angegraute aus dem Keller. Mit verbundenen Augen würden wir allerdings keinen Unterschied spüren.
Signale nur für Tiere

Blumen, Blüten und Gemüse sind aber nicht bunt, um Menschen mit guter Laune zu verwöhnen, auch wenn das eine angenehme Nebenwirkung ist. Die Farben sind ihre Kommunikation an die Bestäuber, also Bienen, Hummeln, Schmetterlinge. Ihr Farbton und ihr Duft senden Signale an alle potentiellen Pollenträger. Und weil unterschiedliche Farben unterschiedliche Insekten anziehen, haben die Blüten ihre Farbe exakt auf das Spektralempfinden ihrer Hauptbestäuber ausgerichtet. Zum Beispiel ultraviolett exklusiv für das Profil von Bienen und Hummeln (ultraviolette Farbanteile sind für Menschen unsichtbar).
Auch Special Effects werden für die Performance eingesetzt: Es glänzt und schimmert, wenn per Interferenz Öltröpfchen oder Wachspartikel in die Blattoberfläche eingebaut werden. Nicht nur Menschen stehen auf Glanz und Gloria.
Farben gesünder als Vitamine?

Die Ernährungswissenschaften können es kaum selbst glauben was sie schon lange geahnt haben: Rotwein, Blaubeeren und grüner Tee schmecken nicht nur, sie sind auch wegen ihrer Farben gesund. Die Farbstoffe einiger Speisen und Getränke haben eine äußerst und bei weitem vielfache positive biochemische Wirkung auf den menschlichen Körper als zum Beispiel die Vitamine C, E und ß-Carotin. Denn sowohl die gelben Flavonoide als auch die roten bis blauen Anthocyane schützen die DNS und die Zellkerne vor der zerstörerischen Wirkung von freien Radikalen, die Nebenprodukte unseres Stoffwechsels sind.
Meine Freundin Gisela garniert ihre Menüs immer mit den leuchtenden Blüten der Kapuzinerkresse, egal ob im Salat, auf der Kürbissuppe oder mit Himmel und Ääd, als Dessert auf dem Vanilleeis mit selbsteingelegten Rumtopffrüchten – und ermuntert ihre Gäste sie zu essen. Ich bin das schon gewöhnt und finde sie ganz lecker. Neulich bei einem Empfang gab es Fingerfood in tausend Gläschen, bunt bestreut mit getrockneten Blütenblättern. Die Bedienung hat die ihr tausendfach gestellte Frage „Kann man die essen?“ tapfer und bestimmt mit einem „ja, natürlich“ beantwortet. Sie sind sogar gesund, hätte sie hinzufügen können.
Literatur: Farben: Natur, Technik, Kunst; Norbert Welsch und Claus Chr. Liebmann, 3. Auflage 2012.