24 tierische Sprachschätze Adventskalender
Reineke Fuchs:
Der durch seine Schlauheit Unüberwindliche
Johann Wolfgang von Goethe schrieb 1794 das aus 4.312 Versen bestehende Tierepos, in dessen 12 Gesängen Reineke Fuchs die Hauptrolle spielt.
Zusammenfassung:
„Löwe Nobel, der König der Tiere, hat zum Hoftag geladen. Die Anwesenden, allen voran Isegrim, der Wolf, beschweren sich über die Untaten des nicht anwesenden Fuchses Reineke und fordern seine Bestrafung.
Braun, der Bär, und Hinze, der Kater, werden nacheinander losgeschickt, um Reineke aus seiner Burg Malepartus zu holen, damit er sich vor Gericht verantworte. Beide werden jedoch von Reineke hinters Licht geführt und entrinnen, schwer malträtiert, kaum dem Tode. Grimbart, der Dachs, kann Reineke dazu überreden, nach Hofe zu kommen. Dort wird ihm der Prozess gemacht; alles Herausreden nützt ihm nichts – er wird zum Tode am Galgen verurteilt. Den Kopf schon in der Schlinge, gelingt es Reineke jedoch, durch eine Lügengeschichte über einen verborgenen Schatz des Königs Gier zu schüren und gleichzeitig Braun und Isegrim des Hochverrates zu bezichtigen.
Reineke wird begnadigt und gibt vor, eine Pilgerreise nach Rom zu unternehmen, bei welcher ihn Lampe, der Hase, und Bellyn, der Widder begleiten sollen. Reineke führt beide zu sich nach Hause, verspürt dort Appetit auf den Hasen, tötet und verspeist ihn. Den Kopf des Hasen sendet er mit dem ahnungslosen Widder nach Hofe. Diesen Hohn will sich der Hof nicht bieten lassen.
Nach einer erneuten Gerichtsverhandlung, bei welcher sich weitere Tiere über Reinekes brutales Verhalten beschweren, fordert ihn der am meisten von ihm verhöhnte Isegrim zum Zweikampf auf Leben und Tod. Obwohl der Fuchs dem Wolf körperlich unterlegen ist, gewinnt Reineke den Kampf, indem er den Wolf mit schmerzhaften Unsportlichkeiten außer Gefecht setzt. Auf diese Weise überzeugt er den König, der ohnehin nicht auf Reineke als klugen Berater und Retter in der Not verzichten will, von seinen „Qualitäten“. Der König ernennt Reineke zum ersten Kanzler des Reiches.“
Auslegung:
„In Goethes epischem Werk interessiert uns vor allem die Dimension der Ambivalenz, welche insbesondere im Bild des Fuchses erscheint. Die Bandbreite zwischen seinem Wirken als Unruhestifter, Verwirrer, Betrüger, Mörder und dem Auftreten als Standesherr und intelligenter Zentralkraft am Hof ist uns nahe, da sie menschlich verständlich ist. Goethe ist jedoch nicht Goethe, wenn er nicht verschiedene Ebenen bedienen kann:
Der Fuchs ist ein Tier – so wie die meisten anderen der handelnden „Figuren“ im Werk. Diese spannende Verbindung zu verstehen und glaubhaft zu dramatisieren, sehen wir als eine große Herausforderung.
Goethe ist jedoch nicht Goethe, wenn er nicht auch ein bisschen mehr oder weniger den Leidenschaften huldigen kann:
Wie schön mag es sein, die Nachbarin zu „beglücken“, den Rivalen „auszubooten“, den Schwachen zu verführen, die Gier zu stillen und schadenfroh mit anzusehen, wenn der Feind ins Fettnäpfchen tritt.
Daran haben wir doch alle unsere Freude…“
Quelle: Rosa-Luxemburg-Gymnasium, Berlin