Die Userother Hütte im Siebengebirge ist mehr ein Unterstand für vom Wild Gejagte oder vorm Gewitter Schutz Suchende. Die virtuelle Wirklichkeit im Kopf formuliert eine anglophone Aussprache, mit User und Other und die Hütte hintendrein, kurios.
USER
User sind die Hüttenbesucherinnen allemal. Sie nutzen den Unterstand für das kurze Ein-Dach-überm-Kopf Gefühl, das sich heimelig und warm anfühlt auch in der Gewissheit, dass schon Tausende von anderen Usern hier ihre Köpfe hineingesteckt haben, nur um das merkwürdige Schild zu entziffern. Im Siebengebirge kann man leicht ein User von Hüttenunterständen werden – sie stehen überall herum und egal wie verwittert oder spinnwebenverhangen sie sind – ihr Nutzwert ist größer als es auf den ersten Blick erscheint. Sie sind für ein schattiges Picknick genauso geeignet wie für ein heimliches Stelldichein im Dämmer, wenn alle schon weg aus dem Wald sind. Ganze Schulklassen und Pfadfinderpänz drängeln sich um die grobholzigen Planken und ritzen mit ihren Taschenmessern obszönes Zeug in die Oberfläche. Ich habe einen Jäger darin sitzen sehen wie auf einem Stand, Gewehr im Rücken, auf Rehe aus. Biker und Hiker machen hier Rast und fühlen sich in einer Hütte, die mit User anfängt, sofort wohl.
OTHER
Die other-Endung ist schon schwieriger einzuordnen, vor allem weil sie sofort an einen Horrorfilm erinnert, der auch so ähnlich heißt, mit Nicole Kidman glaube ich. Unheimlich sind die Hütten alle. Sie sind nämlich dunkel, verstaubt, verspinnt, riechen nach Moder und Schimmelpilz. Sie sind alles andere als einladend und nur in der Not oder in oben beschriebenen Situationen der Gemeinsamkeit fällt das nicht so auf. Der other-Faktor ist das Andere, das man nicht kennen und wissen will. Es ist und bleibt das ewig Andere, das Abgründe und tiefe Schluchten in der Fantasie erzeugt und einen nachts um den Schlaf bringt.
HÜTTE
Tatsächlich ist die Userother Hütte einfach ein Eigenname, der über die Zeit nicht altmodisch, sondern in seiner eigentümlichen Zusammensetzung ein Hipster geworden ist. Irgendwo neben den anderen Schildern zu Wild- und Naturschutz, Notrufnummern, Wegbezeichnungen, Rad- und Pferdemarkierungen hängt ein Messingschild mit den Paten der Hütte. Sie halten die Hütte finanziell in Schuss, tauschen morsche Teile aus, sehen ab und zu nach dem Rechten und wischen vom Patenschild die Patina ab, damit man ihre Namen wieder lesen kann. Jede Bank im Siebengebirge hat so ein Patenschild. Es ist ein beruhigendes Gefühl, auf einer solchen Bank zu sitzen, um die sich jemand kümmert. Nicht nur einfach eine wilde Bank, sondern eine im Besitz von Bürgern, die gerne etwas sponsern, weil ihnen die Naherholung am Herzen liegt.
L 490
Die Userother Hütte ist eine von vielen, deren Namen irgendwie auch interessant sind … da ist die Schutzhütte Calvados-Hütte, die Höhnsche Hött, die Schutzhütte Lotter Hütte, die Dr. Richard Faßbender, Dr. Herbert Offner und Dr. Eduard von Garzen Hütten zu Ehren Promovierter um das Siebengebirge, viele weitere und nicht zu vergessen die Schutzhütte L 490, wie alle anderen genauestens kartographiert und für GPS-Wanderer mit Satellitenkoordinaten versehen fürs Anpeilen.
Eine Hüttenwanderung, wie die Hikerin sie aus dem Hochgebirge kennt, ist im Siebengebirge nicht angesagt, es sind nur Schutzhütten ohne Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeit. Dafür gibt es die Einkehrhäuschen – von einem solchen berichte ich das nächste Mal.