Nachts im Museum Koenig
Schon mal in einem Vortrag über Schnecken gewesen? Vielleicht zufällig, weil in der Einladung stand: Schmetterlinge des Meeres, eine wahre Pracht – oder so ähnlich. Vor dem inneren Auge filigrane Farbpigmente auf staubig zerbrechlichen Flügeln. Diese Vorstellung wird nicht enttäuscht.
Meeresschnecken sind Schönheiten und können sich an äußerlicher Anmut mit Schmetterlingen durchaus messen. Dass sie manchmal verschlagen, diebisch und tricky sind, liegt an den Umständen, in denen sie leben. Auch wenn die Unterwasserwelt bunt, friedlich und fotogen wirkt, der Eindruck täuscht. Der Kampf der Arten ist allgegenwärtig und im Gewirr von Korallen, Meeresgetier, Muscheln und Sand müssen sich die weichen Schnecken behaupten.
Indonesische Hinterkiemerschnecken und assoziierte Mikroorganismen
Vom Kampf der Schnecken um ihr Dasein berichtet Dr. Heike Wägele vom Museum Koenig, passionierte Meeresschneckenforscherin im Bereich Biodiversitätsforschung und Dozentin im internationalen Masterstudiengang Organismische Biologie. Von ihr stammt der Titel Schmetterlinge des Meeres – ergänzt um Diebe des Meeres, denn die Schnecken sind räuberisch.
Attraktiv in Form und Gestalt verbergen sie ein Arsenal an Tricks, Kniffen und Waffen. Ihre Strategie: Überleben. Wie sie das machen und wozu sie fähig sind – das erzählt uns Heike Wägele. Sie ist nicht nur Wissenschaftlerin mit einer Menge an Taucherfahrung auf der ganzen Welt, sondern heute Abend Gastgeberin der rund 75 Frauen, die jetzt im Hörsaal sitzen und gebannt ihrem Vortrag lauschen. Süffisant sagt Heike Wägele Worte wie Mimikry, Kleptochemie, Mimese und Schleimschnecke. An diesem Punkt hat sie den Hörsaal schon soweit, dass alle fasziniert und nicht etwa geekelt sind.
Schnecken sind schön und ausgebufft – ein bezauberndes Fazit für einen Frauennetzwerkabend.
Backstage: Vor allem Vögel
Im Backstage-Bereich des Museums, jenseits der Vitrinen und Schaukästen, offenbaren sich wahre Schätze. Tausende an kunstvoll präparierten Tieren, die dicht an dicht wie in Käfigen hocken. Jetzt wäre ein kleiner Grusel angebracht, denn die Worte Tierpräparator gepaart mit einem an Mottenkugeln erinnernden Geruch, die glänzenden Glasaugen der Tiere und das gedimmte Licht sind eine perfekte Kulisse für einen Hollywood-Softhorror-Film.
Dass die meisten der toten Tiere auch nach 100 Jahren noch taufrisch aussehen, ist ein kleines Wunder (…. tatsächlich ist es die Kunst des Präparierens, die ich hier aber nicht näher beschreiben will).
Käfer, Schmetterlinge, Vögel, Vögel, Vögel. Der Museumsgründer Alexander Koenig war ein Vogelfan(atiker). Aus der ganzen Welt hat er Vögel geholt – bis heute ist das Museum mit seiner Vogelsammlung eines der führenden der Welt.
Nachts im Museum
Vielleicht auch wegen des assoziationsreichen Filmtitels herrscht eine besondere Stimmung an diesem Abend. Hohe Decken, breite steinerne Treppen, Landschaftsillusionen mit wilden Tieren – das alles und 75 Frauen, eingeladen von Ulla Menger und ihrem Bonn Femmes Frauennetzwerk, exklusiv im ehrwürdigen Museum Alexander Koenig, seit über 100 Jahren Schauplatz artenreicher Vielfalt von Fauna und Flora. Sehr feierlich. Sehr schön.
- Netzwerkabend Bonn Femmes am 4. Mai 2015
- Fotos mit freundlicher Genehmigung von Dr. Heike Wägele