Konzept Kunstpause

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Bundeskunsthalle Bonn. Karl Lagerfeld. Modemethode. Ausstellung bis zum 13.9.2015

Karl Lagerfeld im Format Kunstpause kennenlernen zu wollen ist ein Faux Pas. Doch das Museum meint es gut. Das Konzept Kunstpause mit Speedführung und Lunchpaket basiert auf dem Erfolg der After Work Speed Führung mit Getränk und DJ. Die Führung geht jeweils eine halbe Stunde.

Aus Marketinggesichtspunkten sind diese Angebote richtig gut, denn sie sind treffsichere Teaser. Das heißt, die Leute kommen noch einmal. Die Guides sind junge dynamische Redner/innen mit iPad und Sneakers. Die einschlägigen Vokabeln haben sie easy drauf, so als wären sie – wie in der Karl Lagerfeld Ausstellung – schon jahrelang in der Modebranche tätig.

Schlenker und Umlenker

Zielsicher gehen die Guides der Kunstpausengruppe in gerader Linie voraus und ignorieren alle Schlenker und Umlenker, die den großen Raum klein und die Zahl der ausgestellten Objekte übersichtlich halten sollen. Wie Zugvögel folgen alle in Keilformation. Hinten franst die Geometrie etwas aus, weil es Verharrende gibt, die konzeptwidrig einen auf langsam machen. Sie verpassen den Input, der vorne schon wieder weitergeht. Der Guide sagt gerade: „Es ist alles Handarbeit und die Perlen sind auch nicht aus Plastik.“

Karl Lagerfeld macht keine Kunstpausen. Er ist immer am Arbeiten. Und das seit mindestens 60 Jahren, genau weiß der Guide das nicht, denn sein Alter ist ein Mythos. „Ist auch nicht wichtig“, sagt er, „aber trotzdem interessant.“ Burn out kennt Karl nicht. Er brennt wie die Sonne Milliarden von Erdenjahren und seine Kreativität erfindet sich immerwährend neu.

Am Anfang ist Papier, am Ende auch.

Die Ausstellung beginnt am berühmten kanariengelben Wollmantel, mit dem die Lagerfeldkarriere begann und endet défilémäßig mit dem berühmten Brautkleid aus Neopren. Aber die Kleidung steht nicht im Vordergrund. Die 120 Kleider und Roben werden in musealem Understatement präsentiert, denn das Thema ist Papier.

Karl Lagerfeld zeichnet mit schnellen Strichen auf eigens für ihn geschöpftes Papier. Wenn die Skizze nicht gut ist, knüllt er das Blatt und wirft es in den Papierkorb. Der wird geleert von einem angestellten Schredder, der es aufs Unkenntliche zerkleinert. Es gibt sehr viel Papier in der Ausstellung. Mehr als man auf den ersten Blick sieht und noch mehr, wenn man dem Guide zuhört, der scheinbare Betonwände als Papierkunst enttarnt.

Doch gut

KunstpauseVielleicht wird das Format Karl Lagerfeld doch gerecht. Denn was die Speed Führung schafft, ist inspiriert und neugierig aus dem Museum zu kommen. Nicht gesättigt und weitergebildet, eher beflügelt, fasziniert und angeregt.

Jede Kunstpause und jeder Guide hat ein anderes Detail im Blick. Es wäre interessant zu erfahren, wer mehr vom Besuch hat: die mehrmalige Speed-Besucherin oder die regulär mit Knopf im Ohr Geführte. Und natürlich sind die Kleider das Interessanteste, da können Karl Lagerfeld oder die Ausstellungsmacher/innen sagen was sie wollen. Über die Mode schreiben andere.

Vogue special Ausstellungskatalog
Bundeskunsthalle Bonn
Claudia Reuschenbach, Stilstrategie

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